Liebe Bürgerinnen und Bürger,

letzte Woche wurden die Bescheide für die Abwassergebührenvorauszahlungen 2023 verschickt. Zunächst möchte ich mich für die offenen Rückmeldungen bedanken.

Seien Sie versichert, dass der gesamte Marktrat diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen hat. Sie war schlichtweg notwendig. Ich will ihnen nachfolgend gerne die Hintergründe aufzeigen.

  1. Informationen

Wir haben erstmals im Oktober 2022 über die Energiepreisproblematik der bayerischen Kommunen (und damit auch Beratzhausen) im Mitteilungsblatt berichtet. Eine konkrete Ankündigung der Erhöhung zum 1.1.2023 wurde auch im Dezember 2022 kommuniziert (Mitteilungsblatt und Webseite). Dazwischen hat zweimalig die Mittelbayerische Zeitung darüber berichtet. Der neue Gebührensatz wurde schließlich im letzten Mitteilungsblatt veröffentlicht, vor dem Versand der Bescheide.

Wir waren uns eigentlich sicher, dass wir Sie frühzeitig und umfassend über die Problematik und die Konsequenzen eingebunden haben. Es war vielleicht eine Fehleinschätzung von mir persönlich, dass es trotz dieser langfristig angelegten Kommunikation in Einzelfällen noch ein Informationsdefizit gegeben hat. Das muss ich eingestehen und dafür möchte ich mich entschuldigen.

 

2. Historie der Gebührensätze

In den Jahren 2014 – 2017 (inkl. Vorausleistungen bis 2020) galt eine Abwassergebühr von 3,36 €/m³. Auf der Grundlage der im Herbst 2020 für den Zeitraum 2018 – 2021 fertiggestellten Neukalkulation ergab sich ab 1.1.2018 (bis 31.12.2021) eine Senkung der Einleitgebühr um 60 Cent auf 2,76 €.

Das Ergebnis in der sich daran anschließenden Neukalkulation für den Zeitraum 2022 – 2025 fand seinen Niederschlag in der neuen Beitrags- und Gebührensatzung vom 01.12.2021, und zwar in der Form, dass es ab 1.1.2022 zu einer weiteren Absenkung der Abwassergebühr auf 2,68 € kam.

Dies ist mir wichtig zu unterstreichen, wenn man die ab 2023 geltende Gebühr von 3,70 € diskutiert. Ausgehend von dem Wert von 2014 – 2017 (3,36 €) ergäbe sich ein Plus von ca. 10 %, und zwar einschließlich der seit 2014 bzw. 2017 unstrittig vorhandenen allgemeinen Preissteigerung und einschließlich der im letzten Jahr (unvorhersehbar) eingetretenen Strompreisproblematik.
Im Ortsteil Oberpfraundorf in der Vergangenheit sogar Werte von 3,95 Euro.

 

3. Hintergründe / Kostenpunkte

Die jetzige Erhöhung begründet sich vor allem aus den explodierenden Strompreisen, den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst für das mit der Entwässerung befasste Personal, sowie weitere Preisfaktoren in der Klärschlammentsorgung, Chemie- und Instandhaltungskosten der Gesamtanlage (Kanalisation, Technik, Anlage,…)

 

4. Strompreisausschreibung

Als öffentlicher Auftraggeber sind wir auch bei der Strombeschaffung an gewisse Regeln gebunden. Dies ergibt sich schon alleine aus der Menge (68 Stromabnahmestellen mit 1,1 Mio. kWh jährlich). Vergleichsportale oder Strompreise „googeln“, wie es im Privathaushalt üblich ist, ist nicht möglich.

Aus diesem Grund übernimmt seit vielen Jahren ein Ausschreibungsbüro des bayerischen Gemeindetages für alle betroffenen Kommunen diese Aufgabe. Hier wird standardisiert für alle Kommunen ein 3-Jahresbündel ausgeschrieben. Der Markt Beratzhausen war im Herbst 2022 für den Zeitraum 2023 – 2025 „an der Reihe“.

Das Ergebnis der Ausschreibung führte dazu, dass im Jahr 2023 ein Strompreis für die Straßenbeleuchtung von 1,03 Euro und für die Schule und Kläranlage ein Preis von 0,81 Euro gilt. (2024 und 2025 fällt der Preis stufenweise). Dies war jeweils das günstigste Angebot für alle betroffenen bayerischen Gemeinden.

Eine „Ablehnung“ des Ausschreibungsergebnisses wurde in Zusammenarbeit mit anderen Kommunen und mit dem bayerischen Gemeindetag selbstverständlich geprüft und war leider nicht möglich. Die Kommunen „hängen“ in diesen Verträgen fest. Die Strompreisbremse verhindert im Jahr 2023 Schlimmeres.

5. Kostenrechnende Einrichtung „Abwasserbeseitigung“

Grundsätzlich ist es so, dass die Abwasserbeseitigung eine sogenannte „kostenrechnende Einrichtung“ ist. Das heißt, dass diese nicht AUS dem oder IN  den gemeindlichen Haushalt subventioniert werden kann. Alle Kosten die entstehen, sind auf das anfallende Schmutz- bzw. Oberflächenwasser zu verteilen. Reichen die Gebühren während der Kalkulationsperiode nicht aus, werden die in der folgenden Periode „aufgeholt“. Wurde zu viel veranschlagt, werden diese  Gelder wieder durch Senkung der Gebühr in der nächsten Periode verrechnet.

Unter Punkt 3+4 hab ich beschrieben, dass spätestens mit der Strompreisausschreibung bekannt wurde, dass die Gebühren im aktuellen Kalkulationszeitraum nicht reichen werden. Das Problem stand also im Raum.

Hätte der Gemeinderat nicht reagiert, würde sich ein enormer Gebührenstau aufbauen, der am Ende des Zeitraumes aufgeholt werden müsste. Dies galt es in ihrem Interesse zu verhindern. Es war dem Kollegium aber wichtig, genau diese Anstauung zu verhindern und sofort zu reagieren.

Grundsätzlich nehmen wir jährlich eine „Kontrollnachkalkulation“ vor. Die hat den Zweck, dass wir Abweichungen nach oben und unten rechtzeitig erkennen und reagieren.

Durch die kurzfristig erfolgenden „Kostenüberwachungen“ und Reaktionen hierauf (soweit dies gesetzlich zulässig ist) werden unverhältnismäßig große Kostensprünge (welche häufig zu einem großen Anteil aus angesammelten Kostenabweichungen resultieren) vermieden. Wenn dann zeitgleich bzw. zusätzlich noch eine weitere nicht vorhersehbare größere Kostensteigerung eintritt, kann es schnell zu einer exorbitanten Gebührenerhöhung kommen. Unser Ziel ist es, solche Situationen gerade zu vermeiden.

Dass wir Überdeckungen durch Senkung der Gebühren an Sie weitergeben, haben wir ja schon 2020 (rückwirkend ab 1.1.2018) und 2021/22 ab 1.1.2022 gezeigt und werden dies auch zukünftig tun.

Unabhängig davon, dass diese Vorgehensweise im gesetzlichen Rahmen vorgeschrieben ist, ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, dass der Anschlussnehmer nicht nur die höheren Kosten zu tragen hat, sondern auch von Kostenminderungen profitieren soll und tatsächlich auch zeitnah profitiert.

 

6. Energieeinsparungen

Wir haben das Thema Energieeinsparungen selbstverständlich auf dem Schirm. Neben bereits in mehreren Berichten umschriebenen Einsparmaßnahmen läuft seit 2021 eine für die Größe unserer Kommune enorme PV-Anlagen-Strategie. Dabei wurden sämtliche Liegenschaften der Gemeinde auf deren Rentabilität untersucht. Bis Jahresende 2023 werden aus dieser Strategie bereits 9 Anlagen mit einem Gesamtvolumen von 392.000 Euro realisiert sein (7 der 9 sind bereits am Netz). Ein großer Teil davon auch bei der Entwässerungseinrichtung. 4 Pumpstation haben bereits eine PV Anlage. In der Kläranlage wird am Montag das Gerüst für eine PV Anlage aufgebaut. Dabei ist zu beachten, dass unter anderem aufgrund der Liefer- und Montagezeiten zwischen Ausschreibung und Inbetriebnahme knapp 8 Monate liegen. Selbstverständlich bleiben wir an dem Thema weiter dran. All das wird sich positiv auswirken. Das EEG macht es leider derzeit nahezu nicht umsetzbar, dass wir aus den örtlichen Energieproduktionsanlagen direkt Strom beziehen. Hier laufen aber weiter Untersuchungen und Gespräche bei möglichen neuen Anlagen.

Seien Sie sich gewiss, dass wir uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben und dass die Tragweite bewusst ist. Es war aber notwendig. An einer Lösung wird bereits seit langem gearbeitet – eigentlich schon bevor es so akut wie jetzt wurde.

Ich hoffe, dass ich ihnen einen kleinen Einblick in die Entstehung geben konnte.

Ihr Matthias Beer